In seinem neuen Roman “Auge des Orients”, der im November 2016 in Beirut/Amman im Verlag des Arabischen Instituts für Studien und Publikationen erschienen ist, erzählt der syrische Autor Ibrahim Al-Jabin eine historische Kriminal- und Agentengeschichte zwischen Deutschland und Damaskus.
Hauptfigur des Romans ist der Nazi-Offizier Alois Brunner, der die rechte Hand von Adolf Eichmann war und auch als “Jäger der Juden” bezeichnet wurde. Nach seiner Flucht aus Deutschland in den 1950er-Jahren lebte er über Jahrzehnte hinweg unbehelligt in Damaskus. Hafez Al-Assad ernannte ihn in den 1960er-Jahren zum militärischen Sicherheitsberater, dessen Fachgebiet unter anderem die “Judenfrage” war. Beim Aufbau des Sicherheitsapparats von Al-Assad spielte Brunner eine entscheidende Rolle. 2010 verstarb er in Damaskus, ohne jemals für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden zu sein.
“Auge des Orients” ist nach “Tagebuch eines Juden aus Damaskus” (2007) der zweite Roman von Ibrahim Al-Jabin. Sein Erstlingswerk löste einige Kontroversen aus, da er sich mit gleich zwei Tabuthemen befasste: zum einen mit der Geschichte der Juden von Damaskus, zum anderen mit der Beziehung zwischen der Al-Qaida-Führung und dem syrischen Geheimdienst. Abu Qaqaa, einer der Protagonisten von “Tagebuch eines Juden aus Damaskus”, wurde sechs Monate nach Erscheinen des Buchs in Aleppo ermordet. Er war schon früh einer der führenden Anwerber der Milizen an der syrisch-irakischen Grenze, die erst Jahre später als Islamischer Staat international in Erscheinung traten.